„Die künstlerische Praxis des Theaterspielens leistet einen wertvollen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen“.

Theater ist Teamwork
Das gemeinsame Spiel fördert innerhalb der zwischenmenschlichen Interaktion die soziale Kompetenz, also die Fähigkeit, aufeinander einzugehen, Rücksicht zu nehmen, einander zu unterstützen und im gemeinsamen Tun seine eigenen Grenzen zu erkennen sowie nach Möglichkeit zu erweitern.

Jeder einzelne der Gruppe hat die Möglichkeit, sich entsprechend seinen Fähigkeiten einzubringen, sich kommunikativ und expressiv auszuprobieren, seine Wahrnehmungsfähigkeit zu schulen, seine individuelle Ausdrucksfähigkeit zu entdecken und somit sein schöpferisches Potenzial zu öffnen.

Ein gemeinsames Theaterprojekt erfordert von allen Mitspielern Disziplin, Respekt, Toleranz und ein hohes Maß am Empathie, gilt es doch, sich in eine Rolle hinein zu fühlen und diese überzeugend zu gestalten.
Interessant ist hierbei der Aspekt, sich selbst ausprobierend in eine fremde Rolle zu schlüpfen.

Es bedarf folgender Auseinandersetzungen:

  • Wer ist derjenige, den ich verkörpere ?
  • Wie fühlt er sich an ?
  • Was hat er erlebt, dass er so ist, wie er ist ?
  • Habe ich hier eigene Anteile ?
  • Würde ich es auch so machen ?

Letztendlich sind dies im Endeffekt ebenso Auseinandersetzungen mit sich selbst.
Kaum ein Lernbereich ist geeigneter, die Sprachentwicklung mit allen Sinnen erlebend so umfassend zu unterstützen wie das Theaterspiel, denn hier geht es nicht nur um die rein verbale Äußerung, sondern auch um deren Unterstützung durch Mimik, Gestik und Bewegung.

Beachtet sei hier auch das Gedächtnistraining durch das Auswendiglernen des Rollentextes.

Theaterspielen fördert das Selbstbewusstsein ebenso wie das das Selbstvertrauen, sprich das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Jede Präsentation vor der Gruppe oder einem Publikum erfordert Mut und stellt eine Herausforderung dar.

Eine Theateraufführung ist eine zielgerichtete, fokussierte Arbeit, in der jeder einzelne wichtig ist und Verantwortung übernimmt für seinen eigenen Part genauso wie für das Ganze.
Nicht zuletzt – wer sich intensiv mit dem Theaterspielen auseinandersetzt, kann durch die erlernte Fähigkeit, in andere Rollen zu schlüpfen, sein Berufsleben ganz neu gestalten.

Sei es ein Verstellungsgespräch oder der erste Tag im neuen Job – dank der darstellerischen Erfahrung fällt es leichter, souverän mit Kritik und ungewohnten Situationen umzugehen, denn letztere sind Gegenstand der Theater – Improvisation.

Auch Konfliktsituationen werden hier durch die erworbene Fähigkeit zur Empathie leichter durchschaut und gelöst.
Im Endeffekt liegt das Spielen in der menschlichen Natur.
Schon das kleine Kind hat Freude an der Darstellung und benutzt seine Mimik und Gestik, bevor es überhaupt sprechen kann. Wird es älter, denkt es sich Geschichten aus, spielt diese gerne verkleidet nach und liebt es, sie vorzuführen. Alles Erlebte, Gesehene und Gehörte wird hierbei miteinbezogen und dadurch verarbeitet.

Konstantin Sergejewitsch Stanislawski (1863 – 1938), der große russische Theaterpädagoge, legte Wert auf die „Echtheit“ bzw. auf die Authenzität des Schauspielers.
Die Lebenserfahrung des Schauspielers ist die Quelle seines Schaffens, d.h. der Schauspieler zieht seine eigenen Lebenserfahrungen und Lebensbekenntnisse heran und erweckt sie auf der Bühne zum Leben. Der Schauspieler soll ein Gefühl also nicht bloß darstellen, sondern tatsächlich auch haben, denn nur was ein Schauspieler erlebt, kann er verkörpern.
Mithilfe des emotionalen Gedächtnisses soll der Schauspieler sich an ähnliche Gefühle und Umstände zurückerinnern und diese der Rolle anpassen, um sie authentisch verkörpern zu können.
Das Geheimnis des Spielens ist also das „Nicht – Spielen“.
Jede einzelne Sekunde, die der Schauspieler auf der Bühne verbringt, soll getragen sein von der Wahrhaftigkeit des erlebten Gefühls.
Der Schauspieler soll also nicht spielen, sondern ausschließlich auf das Erlebte zurückgreifen und sich einfühlen.

In der Theaterarbeit geht also darum, die „Maske“ fallen zu lassen und echt zu sein.
Geht es darum nicht auch im Leben ?

Den Schutzpanzer abzulegen, hinter die eigene Maske zu schauen, sich zu öffnen wie ein Kind und sich quasi neu zu entdecken ???
Das Theaterspielen ebnet über eine neue Selbstreflexion den Weg zur Erlangung einer eigenen, wahren Identität und schafft neue Ressourcen, die wiederum strategisch eingesetzt werden können zur Bewältigung des Lebensalltags.

Oskar Wilde (1854 bis 1900)
Ich liebe es, Theater zu spielen. Es ist so viel realistischer als das Leben.

Copyright: Claudia Franzen-Wilk